SpuRt 4/ 2017

„Wearables – Segen oder Fluch?“

Im Editorial „Wearables – Segen oder Fluch?“ weist K. Vieweg/Erlangen auf die Risiken der sogenannten Wearables hin, mit welchen Aufzeichnungen von Gesundheitsdaten von den Athleten vorgenommen werden. Diese sicherlich hilfreichen Instrumente sollten in jedem Falle die hohen Anforderungen des Medizinproduktegesetzes erfüllen.

Seitens der Hersteller müssen die technischen Voraussetzungen für eine datenschutzgerechte Nutzung geschaffen werden, also benutzerfreundliche Voreinstellungen, welche die Möglichkeit zum Unterdrücken von Datenweitergabe sowie eine anonyme bzw. pseudonyme Datenerweiterung.

„Social Media im Profifußball – Pflichtverletzungen des Spielers und Ansprüche des Klubs“

Im Beitrag „Social Media im Profifußball – Pflichtverletzungen des Spielers und Ansprüche des Klubs“ befasst sich M. Seip/Frankfurt mit der Nutzung der sozialen Medien durch Spieler und Klubs – beide verdienen daran, allerdings gibt es im Zusammenhang mit der Eigenvermarktung immer wieder Kollisionen. Seip untersucht nach den Kriterien der arbeitsvertraglichen Rücksichtnahmepflicht, der Treue- und Loyalitätspflicht, die Spielerinteressen und Klubinteressen und legt hierbei mögliche Pflichtverletzungen dar. In diesen Fällen kann der Klub die Beendigung des Spielervertrages erwägen, zumindest Unterlassung und Beseitigung sowie Schadensersatz verlangen. Im Ergebnis wird sich bei Pflichtverletzungen der Spieler der jeweilige Klub mit Vertragsstrafen und Unterlassungs- und Beseitigungsansprüchen und in Ausnahmefällen auch mit Schadensersatzansprüchen befassen müssen.

„Regress gegen einzelne Störer nach Verurteilung zu einer Verbandsgesamtstrafe – ein Fall für die „Gesamtschuld mit beschränkter Haftung“

In dem Beitrag „Regress gegen einzelne Störer nach Verurteilung zu einer Verbandsgesamtstrafe – ein Fall für die „Gesamtschuld mit beschränkter Haftung“ befasst sich A. Scheuch/Münster erneut mit der Wechselvollen Geschichte der Frage eines Regresses des Klubs gegen einzelne Störer nach einer Verbandsentscheidung durch den DFB.

Zuletzt hatte der BGH in seiner Entscheidung vom 22.09.2016 den Schutzzweckzusammenhang bejaht, worauf das OLG nun mit seiner Entscheidung vom 09.03.2017 (in diesem Heft) die Haftung des Zuschauers dem Grunde nach gerechtfertigt hielt, allerdings nur einen Teil des Anspruches für gerechtfertigt hielt. Jetzt muss der BGH erneut entscheiden, dies ist nun die 5. Instanz. Der Beitrag befasst sich mit der Begründung des OLG Köln vom 09.03.2017.

Scheuch stellt eingangs fest, dass es eine grundsätzliche Möglichkeit eines vollumfänglichen Verbandsstrafenregresses gäbe, für die es mehrere Möglichkeiten gibt. Man könne erwägen, ob es um eine Haftung des Verursachers der höchsten Einzelstrafe in Betracht komme, bei gleichzeitiger Privilegierung der übrigen Verursacher, man könne ferner eine Teilschuld auf Basis der Anteile der Einzelstrafen an einer Summe der Einzelstrafen finden, schließlich könne man die Gesamtschuld mit einer Deckelung auf Einzelstrafenhöhe im Außenverhältnis und dann einen Ausgleich nach dem Anteil an der Summe der Einzelstrafen im Innenverhältnis finden.

Diese komplizierten Abwägungsprozesse müsse nun der BGH in seiner Entscheidungsfindung einbeziehen. Neben diesen Abwägungen innerhalb einer Gesamtstrafe, welche ja in den Grundfragen für die Praxis geklärt sind, sind aber auch die von den Klubs in den AGB´s vorgesehenen Strafhöhen mit einzubeziehen, was allerdings wiederum problematisch ist. Die Entscheidung des BGH dürfte also nicht einfach sein, notwendig ist es hier allerdings, vertiefte Gedanken an einer gerechten Verteilung einer Verbandsstrafe anzustellen, wozu sich hier die Gelegenheit anbietet. Der BGH sollte sich auch bewusst sein, dass sein Urteil auch für andere Konstellationen Vorbildwirkung entfalten könne, nämlich etwa bei mehreren Falschberatungen durch unterschiedliche Personen und einer daraus ergebenden Verhängung einer Gesamtgeldstrafe – ebenso z. B. beim Abwälzen von Kartellbußen auf Geschäftsführer.

  1. Jakob/Frankfurt schildert in ihrem Beitrag „Rekorde von gestern, heute und morgen“ – den Vorschlag des europäischen Leichtathletikverbandes zur Wiedererlangung der Glaubwürdigkeit der Europarekorde – das Thema Europarekorde und Weltrekorde für den internationalen Leichtathletiksport.

Anfang 2017 wurde auf Veranlassung des europäischen Leichtathletikverbandes (EAA) eine Projektgruppe gegründet, welche die Glaubwürdigkeit der bestehenden Europarekorde überprüfen sollte mit gleichzeitigen notwendigen Handlungsempfehlungen. Es sei sicherzustellen, dass die Generation der heutigen Athleten Rekorde aufstellt die unter gleichen Bedingungen zustande kommen, wie die bestehenden bisherigen Europa- und Weltrekorde. Eine Glaubwürdigkeit ist notwendig.

Die EAA Projektgruppe hat hierzu verschiedene Vorschläge unterbreitet, nach denen unter Umständen auch eine Streichung von bisherigen Rekorden stattzufinden hat, wenn diese unter unfairen Bedingungen, oder unter Änderung des technischen Regelwerkes zu Stande gekommen sind. Jakob untersucht die praktischen Konsequenzen aus der Umsetzung dieser Vorschläge und ebenfalls die hieraus sich ergebenden Rechtsfragen, dabei insbesondere die Rechtsnatur von Rekorden, insbesondere ihre Definition, schließlich die praktischen Rekordvoraussetzungen und die Thematik des Rekordes als Persönlichkeitsrecht des Athleten. Ebenfalls müssen die Voraussetzungen für die Aberkennung eines bisherigen Rekordes aufgestellt werden. Offensichtlich gibt es hierfür keine einheitliche Rechtspraxis, in jedem Falle muss eine absolut sichere Nachprüfung des aufgestellten Rekordes stattfinden mit den damals entsprechenden Regelwerken.

Insgesamt ist festzuhalten, dass die Vorschläge der EAA grundsätzlich durchführbar sind, allerdings noch im Detail Klärungsbedarf sowie Abstimmungsbedarf notwendig ist. In jedem Falle können die vorgeschlagenen Maßnahmen die Glaubwürdigkeit der sportlichen Spitzenleistungen nur dann herbeiführen, wenn schließlich weltweit Voraussetzungen für die Anerkennung von Rekorden transparent dargestellt werden.

„Privater Unfallversicherungsschutz beim Hallenklettern“

Im Beitrag „Privater Unfallversicherungsschutz beim Hallenklettern“ kommentiert B. Rudisch/Innsbruck die Entscheidung des OGH vom 09.11.2016, abgedruckt in SpuRt 2017, 64. Diese Entscheidung war sicherlich notwendig, da sich das Klettern in geschlossenen Hallen in den letzten 10 Jahren zu einem bemerkenswerten Breitensport entwickelt hat, deshalb der Unfallversicherungsschutz sichergestellt werden muss. Der Autor stellt in seiner Kommentierung heraus, dass es notwendig ist, dass Klettern in einer Halle unbedingt zu unterscheiden von den anderen Risiken des Kletterns in der freien Natur und ferner von anderen risikoreichen Sportarten, bei welchen die Versicherer entsprechende Haftungsausschlüsse in ihren Bedingungswerken vorgesehen haben. Derartige Risiken seien mit den Klettern in der Halle nicht zu vergleichen.

Unter „SpuRt aktuell“ stellt F. Hellmund, Brüssel in seinen Beitrag „Aus dem EU-Büro des Sport – Zwischen Anspruch und Wirklichkeit: Der neue Arbeitsplan der europäischen Sportminister 2017 – 2020“ die Einzelheiten dieses Arbeitsplanes dar. Inhaltlich gliedert sich der neue Arbeitsplan in drei prioritäre Bereiche:

  • Integrität des Sports,
  • ökonomische Dimension des Sports und
  • Sport und Gesellschaft.

Für jede dieser Prioritäten wurden im Anhang des Planes verschiedene Kernthemen und Arbeitsstrukturen spezifiziert. Für das 1. Halbjahr des Jahres 2019 sei eine Halbzeitbewertung vorgesehen.

Die Änderungen des neuen Arbeitsplanes zeigen, dass die Mitgliedsstaaten zumindest im Hinblick auf die Strukturen neue Wege gehen wollen und begegnen damit der Kritik einer mangelnden Flexibilität. Hierbei sind folgende Vorschläge zu nennen:

Flexibilität bei der Themenauswahl und den Arbeitsstrukturen, Clustermeetings und Treffen interessierter Mitgliedsstaaten.

Der Erfolg dieses Arbeitsplanes der europäischen Arbeitsminister wird sich daran messen lassen müssen, ob er tatsächlich einen Mehrwert für den Sport bietet. Dies war bei der bisherigen Umsetzung der Arbeitspläne nicht gegeben, waren doch zahlreiche Stellungnahmen und Empfehlungen vorhanden, um die in den Expertengruppen zwar hart gerungen wurde, die aber keinerlei folgende Aktivitäten nach sich zogen. Es bleibt also die Hoffnung, dass die europäische Sportpolitik nicht dem Reflex unterliegt, Sport in 1. Linie aus dem Blickwinkel des professionellen Sports zu beurteilen, vielmehr auf der Grundlage der im Weißbuch Sport aus dem Jahre 2007 geforderten Vorstellungen, den Sport als horizontales Thema sektorübergreifend zu behandeln. Unter dem Stichwort „Mainstreaming des Sports“ treffen Überschneidungen mit Politikfeldern wie Beihilfen, Gesundheit, Inklussion, Umwelt etc. geprüft und herausgearbeitet werden.

Rechtsprechung

öOGH – Forderung eines Dachverbandes gegen einen Mitgliedsverein eines Landesverbandes als Vereinsstreitigkeit

  • 8 VerG; § 42 JN
  1. Die Unzulässigkeit des Rechtswegs wegen Nichtanrufung der vereinsinternen Schlichtungsstelle ist nicht heilbar und unterliegt auch nicht der Parteidisposition, ob ein Schlichtungsverfahren durchgeführt wird oder nicht.
  2. Eine Streitigkeit aus dem Vereinsverhältnis kann auch dann vorliegen, wenn die Vereinsstruktur mehrstufig organisiert und die beklagte Partei nicht Mitglied des klagenden Vereins selbst, sondern eines Mitgliedvereins des klagenden Vereins ist. Zuständig ist dann die Schlichtungseinrichtung des klagenden Vereins.

öBVerwG – Gesetzliche Unfallversicherung für Teilnehmer an internationalen Wettkämpfen

  • § 3, 4 ASVG

Von einem Sportverband zu einem internationalen, mehrwöchigen Turnier ins Ausland entsandte Teilnehmer unterliegen für die Zeit des Turniers der Pflichtversicherung gem. § 4 Abs. 2 ASVG und sind persönlich abhängige Dienstnehmer des Sportverbandes.

CAS – Verschulden eines Athleten bei Irrtum des Mannschaftsarztes

Art. 2.1 IOC ADR, Art. 9 WADA-Code

  1. Auch wenn sich ein Athlet den Mannschaftsarzt nicht aussuchen kann, bleibt es seine eigene Entscheidung, ob er dem Rat des Mannschaftsarztes folgt oder nicht.
  2. Bei der Bemessung einer Sanktion für einen Dopingverstoß ist der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit einzuhalten, der jedoch nur in extremen Ausnahmefällen zum Ausschluss einer Doping-Sanktion führen kann.

CAS – Bestrafung eines Nationalverbandes für Dopingverstöße

Art. 42 ICF Statuten, Art. 2.1.1, 12.3.1, 12.3.1.1 ICF Anti-Doping Regeln

  1. Eine Bestrafung eines Nationalverbandes aufgrund von Art. 12.3.1 der ICF Anti-Doping Regeln erfordert den Nachweis von mindestens vier Anti-Doping Regelverletzungen von Athleten oder anderen Verbandsangehörigen.
  2. Diese vier Anti-Doping Regelverletzungen müssen in einem Dopingverfahren vor der in den Statuten dafür vorgesehenen Instanz festgestellt worden sein.
  3. Eine Sanktion gemäß Art. 12.3.1.1. der ICF Anti-Doping Regeln kann nur in einer Sperre der Offiziellen eines Landesverbandes oder in einer Buße bestehen, nicht aber in einer Sperre von Athleten.

OLG Köln – Höhe des Regresses gegen störenden Zuschauer nach Verbandsgesamtstrafe

  • § 280, 241, 249 BGB; § 54 StGB
  1. Wird gegen einen Sportclub wegen Zuschauerfehlverhaltens im Rahmen eines Heimspiels eine Verbandsstrafe verhängt, so kann der Club den Zuschauer grundsätzlich in voller Höhe der Strafe in Regress nehmen.
  2. Wurde die Verbandsstrafe aufgrund mehrerer Vorfälle als Gesamtstrafe analog § 54 StGB gebildet, ist die Höhe des Regresses gegenüber den einzelnen Verursachern der Vorfälle jeweils auf einen Teil der Gesamtstrafe beschränkt. Dieser Anteil bestimmt sich nach dem Verhältnis, in welchem die auf den jeweiligen Vorfall entfallene Einzelstrafe zur Summe aller Einzelstrafen steht.

OLG Koblenz – Grenzen der Tierhalterhaftung bei Schäden des Tieraufsehers

  • § 823, 833, 834, 254 BGB

Wird ein Pferd einer selbständigen Pferdewirtschaftsmeisterin zum eigenständigen Beritt übergeben und erfolgt die Ausbildung des Tieres bereits mehrere Wochen (5x wöchentlich jeweils 60 Minuten), so tritt die Tierhalterhaftung nicht ein, wenn die Ausbilderin erstmals das Pferd außerhalb der Reithalle reitet und es hierbei zum Durchgehen mit nachfolgendem Sturz kommt. Die Gefährdungshaftung des Tierhalters greift in diesem Fall der vollständigen und längerfristig angelegten vertraglichen Übernahme der Verantwortung für das Tier durch den Tieraufseher bei Verletzung desselben nicht ein.

BSG – Aufwendungen für Schülerbeförderung zum Sportunterricht

  • § 28 IV 1, 14 II SGB II

Wer eine Schule besucht, die gegenüber den seiner Wohnung nähergelegenen Schulen eine besondere inhaltlich Ausrichtung im Sinne eines eigenständigen Profils aufweist, hat dem Grunde nach Anspruch auf Leistungen für Schülerbeförderung nach dem SGB II, weil es sich um die nächstgelegene Schule des gewählten Bildungsgangs handelt.

BSG – Fußballturnier als betriebliche Gemeinschaftsveranstaltung

  • § 8 I 1, 136 III Nr. 1 SGB VII; § 7 I 2 SGB IV

Eine betriebliche Gemeinschaftsveranstaltung scheidet nach einer notwendigen Gesamtbetrachtung aller tatsächlichen Umstände jedenfalls dann aus, wenn die Veranstaltung von vornherein auch nicht dem Unternehmen angehörenden Personen (hier: Familienangehörige und Bekannte) offensteht.

Oberstes Verbandsportgericht des Niedersächsischen Fußballverbandes e. V. (NFV) – Verhängung einer Geldstrafe gegen einen Klub ohne Verschuldensvorwurf

  • 9 Nr. 2, § 9 a RuVO-DFB §§ 34 Absatz 1, 39, 42 Nr. 28 RuVO-NFV; § 1 AGG, § 242 BGB, Art. 9 Abs. 1 GG
  1. Für die Verhängung einer Geldstrafe reicht es nicht aus, dass der „Täter“ schuldhaft gehandelt hat; vielmehr muss die Tat nach Verschuldensgesichtspunkten demjenigen zurechenbar oder vorwerfbar sein, der Adressat der Verbandsstrafe ist.
  2. Die verschuldensunabhängige Haftung gemäß den Regelungen der RuVO des DFB ist aus verfassungsrechtlichen Gründen nicht uneingeschränkt haltbar.
  3. Die seitens eines Verbandes gegen den an seinem Ligaspielbetrieb teilnehmenden Klub verhängte Geldstrafe hat keinerlei wettkampfsichernde Funktion. Daher kann die Verbandsautonomie das mit Verfassungsrang ausgestattete Verschuldensprinzip in diesem Fall nicht verdrängen.