SpuRt 6/2018

Im Editorial „Claudia Pechstein: Im Westen wenig Neues!“ weist J. Orth, Köln auf die Odyssee von Claudia Pechstein durch deutsche und europäische Gerichte hin, er erwähnt die Entscheidung Seraing vs. FIFA und Pechstein vs. Schweiz vor dem EGMR (beide im gleichen Heft abgedruckt) hin. Im Fall Seraing war entschieden, dass neben der Schweiz auch andere Gerichte international und örtlich zuständig sein können. Im Fall Pechstein ließ der EGMR einige Fragen offen, weshalb gegen die Kammerentscheidung ein weiteres Verfahren vor der großen Kammer des EMRK folgen wird. In einer dissenting opinion hatten zwei Richter die notwendige Unparteiigkeit und Abhängigkeit des CAS nicht bestätigt: Die Zusammensetzung des ICAS, die Bestimmung der Schiedsrichter werden u.a. nicht akzeptiert. – Jeglicher böser Schein eines Schiedsgerichts muss vermieden werden.

Der CAS ist für den Sport wichtig, weshalb dieses hohe Ziel erreicht werden muss.

In dem Beitrag „Exklusivitätsklauseln im Radsport“, analysieren C. Becher, Köln und H. Burbach, Bonn die Bedeutung der ISU-Entscheidung für den Profi-Sportsektor und jedermann Sport der europäischen Kommission vom 08.12.2017 gegen den internationalen Eisschnelllaufverband (ISU). In der Entscheidung sind verbandsrechtliche Bestimmungen der ISU, welche den lizenzierten Eisschnellläufern untersagt, an kommerziell ausgerichteten Veranstaltungen teilzunehmen, wettbewerbswidrig und als Verstoß gegen Art. 101 AEUV bewertet worden ist.

Ähnliche Entscheidungen wurden von der Kommission bereits 2011 getroffen, ebenfalls hat das Bundeskartellamt gegen den DOSB und das IOC entsprechende Kartell-Verwaltungsverfahren eingeleitet, mit der Begründung, die Marktmacht sei missbraucht worden. Die Autoren weisen darauf hin, dass derartige Exklusivitätsklauseln im Sport kein Einzelfall seien und verweist auf die FINA, dem Dachverband aller nationalen Schwimmverbände und die internationale Hockey Federation (FIH), welche ähnliche Regelungen haben.

Die Autoren untersuchen die Exklusivitätsklauseln im Radsport, sie beginnen mit der Verbandsstruktur, und Regeln des internationalen Radsportverbandes UCI, sowie Regeln im deutschen Amateurradsport und bewerten die Startverbote für die Fahrer der Lizenzklassen A und B, die die Genehmigungspflicht von kommerziell organisierten Radsportevents. Zweifellos ist ersichtlich, dass das Angebot privater „Jedermann–Veranstaltungen“ im Radsport größer geworden ist und die Attraktivität des Radsportes gesteigert hat. Für die wettbewerbswidrigen Exklusivitätsklauseln besteht deshalb ein enormer Reformbedarf, weil diese Angebote ohne ersichtlichen Grund eingeschränkt werden, und den besten Amateurfahrern die Starterlaubnis bei diesen „Jedermann-Veranstaltungen“ versagt wird. Nach Ansicht der Autoren versucht deshalb der Bund Deutscher Radfahrer (BDR) zu Lasten des Wettbewerbs seine wirtschaftlichen Eigeninteressen durchzusetzen, und schadet damit letztlich dem Radsport insgesamt.

Der BDR hat bereits eine Strukturreform des Lizenzwesens eingeleitet, somit auf die dargestellte Problematik reagiert. Das Startverbot für die Eliteamateure wird ab der Saison 2019 komplett aufgehoben. Ob diese Reform ausreichend ist, muss noch überprüft werden.

In „Rechtswegzuständigkeit und örtliche Zuständigkeit der Arbeitsgerichte für Streitigkeiten zwischen Schiedsrichtern und dem DFB“ behandelt W.-D. Walker, Gießen die wohl eher seltene Problematik für Klagen von Schiedsrichtern gegen den DFB. Die Frage der Arbeitnehmereigenschaft von Schiedsrichtern ist bei Essential, verschiedene Klagen wurden vor den Arbeitsgerichten Bremerhaven und Verden, SpuRt 2000, 226 und ArbG Frankfurt, SpuRt 2017, 211, behandelt.

Der Rechtsweg zu den Arbeitsgerichten ist bei der streitigen Frage, liegt ein Arbeitsverhältnis vor oder nicht, wenn sich eine ständige Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts schon dann gegeben, wenn sich aus der bloßen Rechtsbehauptung des Klägers dessen Arbeitnehmerstellung ergibt (BAG NZA 2007, 53). Nach der Rechtsprechung des BRG handelt es sich hier um eine sogenannte „doppelrelevante Tatsache“. Die örtliche Zuständigkeit der Arbeitsgerichte ist bei Schiedsrichtern deshalb problematisch, weil es drei Anknüpfungspunkte gibt: Der allgemeine Gerichtsstand des DFB, ferner der besondere Gerichtsstand des Erfüllungsortes und schließlich der besondere Gerichtsstand des Arbeitsortes. Von besonderer Bedeutung ist schließlich die Bestimmung des § 48 I a, 2 ArbGG, nach welcher dann, wenn der Ort der Arbeitsleistung nicht feststellbar ist, der gewöhnliche Arbeitsort des Schiedsrichters in Betracht kommt. Diese Voraussetzungen liegen sämtlich nicht vor, weshalb schließlich der allgemeine Gerichtsstand des DFB, somit das ArbG Frankfurt a. M. in Betracht kommt.

S. Klaus, Frankfurt a.M. erläutert in seinem Beitrag „Ausländerbeschäftigungsrecht: „Statuten“ der Beschäftigung von Ausländern im Profisport“ die Regelung, welche eingehalten werden müssen. Bei deren Beschäftigung handelt es sich um zwei verschiedene Gruppen, nämlich der Staatsangehörigen der EU oder EWR-Mitgliedsstaaten und Schweizer, für welche die besonderen Privilegierungen gelten und die zweite Gruppe, die unter das Aufenthaltsgesetz fallen und einen sogenannten Aufenthaltstitel benötigen.

Das Aufenthaltsgesetz grenzt in § 1 II Nr. 1 den Anwendungsbereich gegenüber den Privilegierungen der Unionsbürger bzw. EWR-Staaten sowie der Schweizer von den übrigen Personen ab. Arbeitnehmer, insbesondere Berufssportler genießen die Arbeitnehmerfreizügigkeit und erhalten keinerlei deklaratorische Bescheinigungen, für Schweizer Staatsangehörige regeln Art. 3 f. das Freizügigkeitsabkommen die notwendige Privilegierung.

Alle Ausländer, die keine der genannten Staatsangehörigen besitzen, unterliegen den Pflichten des Aufenthaltsgesetzes und müssen einen sogenannten Aufenthaltstitel beantragen.

Es ist hier das Vorliegen einer erlaubnispflichtigen Erwerbstätigkeit zu prüfen, ferner eine sogenannte Fiktion einer Nichtbeschäftigung nach § 30 Beschäftigungsverordnung bzw. § 7 I SGB IV.

Diese kann in Betracht kommen, für Personen die das 16. Lebensjahr vollendet haben, ferner der Verein oder die Einrichtung ein Bruttogehalt zahlt, das mindestens 50 % der Beitragsbemessungsgrenze für die gesetzliche Rentenversicherung ist und schließlich der für die Sportart zuständige Spitzenverband in Einvernehmen mit dem DOSB die sportliche Qualifikation des Sportlers oder die fachliche Eignung des Trainers bestätigt. Weiterhin werden in diesem Zusammenhang die Erlaubnis zur Einreise dargestellt, insbesondere das Schengen-Visum und nationales Visum sowie sogenanntes Hybridvisum. Der Autor stellt dann in einer übersichtlichen Tabelle notwendige Zusammenhänge für Fälle des längerfristigen Aufenthaltes dar, welche für den Praktiker besonders bedeutsam sind.

Die „Rechtsgrundsätze zu vereins- und verbandsgerichtlichen Verfahren“ werden von C. Krähe, Konstanz und J. Fritzweiler, Burghausen/München, dargestellt.

Dachsportverbände haben überwiegend eine Verbandsgerichtsbarkeit installiert, welche vor Anrufung der staatlichen Gerichte durchlaufen werden muss. Unter engen Voraussetzungen können staatliche Gerichte angerufen werden, wenn z. B. die verbandsgerichtlichen Regelwerke den allgemein gültigen Verfahrensgrundsätzen nicht entsprechen.

Die Autoren legen zu Beginn die derzeitige Rechtsprechung im Einzelnen dar, insbesondere die des BGH, der verlangt, dass „gewisse allgemeingültige Verfahrensgrundsätze beachtet werden müssen, damit das Verfahren nicht zu einem Willkürakt wird und der Betroffene sich sachgerecht verteidigen kann“. Weiter erläutern die Autoren zunächst die notwendigen rechtsstaatlichen Grundsätze für das verbandsgerichtliche Verfahren und prüfen die rechtstatsächlichen Verfahrensgrundsätze in den Verbandsordnungen der Sportverbandsgerichte durch. Insgesamt werden 40 Sportverbände unter die Lupe genommen. Sodann werden die zwingend einzuhaltenden allgemein gültigen Verfahrensgrundsätze aufgelistet wie z. B. die Unabhängigkeit eines Verbandsgerichts, das rechtliche Gehör der Parteien, sowie der Grundsatz des fairen Verfahrens, ebenso werden nicht zwingende Verfahrensgrundsätze erläutert und die Rechtsfolgen bei Nichteinhaltung allgemeiner Rechtsfolgen dargelegt: Der Verband verletzt seine Pflichten aus dem Mitgliedsschaftverhältnis, was ein Eingriff in das geschützte Mitgliedsschaftsrecht nach § 823 I BGB sein kann.

Schließlich erfolgt der Hinweis darauf, dass es noch einzelne Sportverbände gibt, die es als Rechtsverstoß bezeichnen, wenn das ordentliche Gericht angerufen wird, ohne zuvor den verbandsinternen Rechtsbehelf zu ergreifen. Diese Sanktion stellt in jedem Fall einen großen Eingriff in den Kernbereich des Mitgliedschaftsrechts dar.

Fitnessstudio-Verträge werfen immer wieder Probleme auf. In dem Beitrag „Vorfälligkeitsklauseln in Fitnessstudio-AGB“ erläutert S. May, Düsseldorf die Problematik der sorgenannten Vorfälligkeitsklauseln, nach denen bei einem Verzug die gesamten Beiträge bis zum Ende der Laufzeit des Vertrages fällig werden. Diese Fälle haben immer wieder gerichtliche Verfahren nach sich gezogen. Einigkeit besteht über die Einordnung des Vertragstypus als gemischten Vertrag mit dienstleistungs- und mietvertraglichen Komponenten, sowie mit der Anwendbarkeit der Inhaltskontrolle nach § 307 Abs. 1 BGB.

Die Wirksamkeit einer derartigen Klausel hängt nach § 307 Abs. 1 BGB davon ab, ob sie vom normalen Leitbild abweicht, sowie die Interessen des Vertragspartners beeinträchtigt. Beachtet werden muss weiterhin eine eventuelle unangemessene Benachteiligung.

Kernpunkt ist allerdings, inwieweit die Klauseln bei deutlich längeren Vertragslaufzeiten zu bewerten sind, insbesondere bei einer Laufzeit von 24 Monaten.

Das OLG Celle sowie das OLG Brandenburg haben die Wirksamkeitsklausel als unangemessene Benachteiligung gesehen, wogegen andere Gerichte das berechtigte Interesse der Betreiber des Fitnessstudios sehen wollen und eine Abwägung vornehmen wollen. Im Einzelnen seien gerade bei Fitnessstudioverträgen mit mietvertraglichen Charakter, besonders die Bestimmung des § 556 b I BGB zu berücksichtigen, ebenfalls das Insolvenzrisiko, welchem der Benutzer des Fitnessstudios ausgesetzt ist.

Im Ergebnis darf ein vertragswidriges Verhalten des Kunden nicht zu einem besonderen Nachteil führen.

EGMR

Art. 6 EMRK

Unabhängigkeit und Unparteilichkeit des CAS (Fälle Mutu und Pechstein)

  1. Der CAS gilt als ein „auf Gesetz beruhendes Gericht“ i.S.d. Art. 6 Abs. 1 EMRK. Sportschiedsverfahren vor ihm sind „vorgeschriebene“ oder „erzwungene“ Schiedsverfahren i.S.d. der EGMR-Rechtsprechung und müssen deshalb den nach Art. 6 Abs. 1 EMRK vorgesehenen Garantien entsprechen.

  1. Die Finanzierung des ICAS, die Auswahl der Schiedsrichter, die Zusammenstellung der Schiedsrichterliste für den CAS und die Überprüfbarkeit der Urteile durch den CAS-Generalsekretär begründen keine durchgreifenden Bedenken im Hinblick auf Unabhängigkeit und Unparteilichkeit gegen den CAS bzw. gegen die Zusammensetzung der Panel, die nach der Verfahrensordnung in Rechtssachen entscheiden.

  1. Die Nichtöffentlichkeit der mündlichen Verhandlung in ihrem Schiedsverfahren vor dem CAS verletzt die Beschwerdeführerin in ihrem Recht aus Art. 6 Abs. 1 EMRK, der die Öffentlichkeit des gerichtlichen Verfahrens garantiert. Die Schweiz ist der Beschwerdeführerin daher zum Schadensersatz verpflichtet. (Leitsätze der SpuRt-Redaktion)

Appellationshof Brüssel

Artt. 18bis, 18ter FIFA-Transferreglement; Artt. 45, 63, 101, 102 AEUV; art. 2 UNÜ; Artt. 2 Abs. 1,5 Abs. 3,6 Abs. 3 LugÜ

FIFA-Schiedsklauseln in Belgien ungültig (Fall“Seraing“)

  1. Die FIFA-Schiedsklauseln beruhen auf keinem „bestimmten Rechtsverhältnis“ (Art. II New Yorker Übereinkommen) und können deshalb nicht als Schiedsvereinbarung gemäß Art. 1681-1682 Abs. 1 der belgischen Zivilprozessordnung eingestuft werden. Nach belgischem Recht entfalten sie keine Rechtswirkungen.

  1. Art. 18bis u. 18ter des FIFA-Transferreglements (TPO-Verbot) verletzen das EU-Freizügigkeitsrecht (Art. 45 u. 63 AEUV). Diese Rechtsverletzung berechtigt zum Schadensatz.

  1. Bei einer Mehrheit von Prozessparteien kann es nach Art. 6 Abs. 1 des Luganer Übereinkommens sinnvoll sein, mehrere Verhandlungen und Entscheidungen gemeinsam herbeizuführen, um bei getrennten Entscheidungen Ergebnisse zu vermeiden, die möglicherweise miteinander unvereinbar wären. Voraussetzung dafür ist ein enger Zusammenhang, der beim organisierten Sport aufgrund seiner pyramidalen Organisationsstruktur jedoch zweifellos gegeben ist. (Leitsätze des Bearbeiters)

OLG Celle

§§ 241 Abs. 1, 311 Abs. 1 BGB

Kein Anspruch auf Verwendung des eigenen Boottyps beim Rudern

Für die Verpflichtung von Athleten in Nominierungsrichtlinien, bei der Teilnahme an internationalen Wettbewerben nur ein Sportgerät eines bestimmten Herstellers zu nutzen, besteht bei Sportspitzenverbänden regelmäßig ein legitimes (wirtschaftliches) Interesse, hinter dem das Interesse des Athleten an der Verwendung eines von ihm präferierten Sportgeräts eines anderes Herstellers zurücktritt. (Leitsatz der Redaktion)

OLG Braunschweig

§§ 11, 17, 18, 19 NSOG; Art. 104 Abs. 1 GG

Unzulässige Ingewahrsamnahme eines „Ultras“

Ohne weitere Indiztatsachen ermöglicht allein die Zugehörigkeit eines Fans zur „ultra-Szene“ und seine Einstufung als Fan der Kategorie „B“ keine Gefahrenprognose, die seine präventive polizeiliche Ingewahrsamnahme rechtfertigen könnte. (Leitsatz der Redaktion)

LG Frankfurt am Main

§§ 4 EStG, 40, 370 AO

Keine Steuerhinterziehung durch DFB-Funktionäre im Zusammenhang mit der WM 2006

Zur steuerstrafrechtlichen Bewertung einer Zahlung des WM OK 2006 in Höhe von 6,7 Millionen Euro zu Gunsten einer dritten Person, die u.a. unter einem falschen Verwendungszweck verbucht wurde. (Orientierungssatz der Redaktion)

BFH

§ 4 Nr. 22 Buchst. b UStG; §§ 51 ff. AO; Art. 132 Abs. 1 Buchst. m MwStSystRL

EuGH-Vorlage zur Umsatzbesteuerung von Vereinen

Dem EuH werden folgende Fragen zur Vorabentscheidung vorgelegt:

  1. Kommt Art. 132 Abs. 1 Buchst. m MwStSystRL, nach dem „bestimmte, in engem Zusammenhang mit Sport und Körperertüchtigung stehende Dienstleistungen, die Einrichtungen ohne Gewinnstreben an Personen erbringen, die Sport oder Körperertüchtigung ausüben“, unmittelbare Wirkung zu, so dass sich Einrichtungen ohne Gewinnstreben bei fehlender Umsetzung unmittelbar auf diese Bestimmung berufen können?

  1. Bei Bejahung der ersten Frage: Handelt es sich bei der „Einrichtung ohne Gewinnstreben“ iSv Art. 132 Abs. 1 Buchst. m MwStSysRL um einen autonom unionsrechtlich auszulegenden Begriff oder sind die Mitgliedsstaaten befugt, das Vorliegen einer derartigen Einrichtung von Bedingungen wie § 52 iVm § 55 AO (oder den §§ 51 ff. AO in ihrer Gesamtheit) abhängig zu machen?

  1. Falls es sich um einen autonom unionsrechtlich auszulegenden Begriff handelt: Muss eine Einrichtung ohne Gewinnstreben iSv Art. 132 Abs. 1 Buchst. m MwStSystRL über Regelungen für den Fall ihrer Auflösung verfügen, nach denen sie ihr dann vorhandenes Vermögen auf eine andere Einrichtung ohne Gewinnstreben zur Förderung von Sport und Körperertüchtigung zu übertragen hat?